Auch Weber darf nicht nach Ostrava

Warum erneut kein Nürnberger zur Eishockey-WM fährt

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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30.4.2024, 16:00 Uhr
Voller Einsatz in der Heimat: Zweimal trug Marcus Weber das Nationaltrikot in Garmisch-Partenkirchen.

© Angelika Warmuth/dpa Voller Einsatz in der Heimat: Zweimal trug Marcus Weber das Nationaltrikot in Garmisch-Partenkirchen.

Als Danjo Leonhardt das erste Mal das Trikot mit dem Adler auf der Brust trug, da wusste er bereits, wo er in den kommenden zwei Jahren spielen würde. Dieser junge Mittelstürmer, ausgebildet an der Red Bull-Akademie, hatte sich die Ice Tigers ausgesucht, weil er wusste, dass er in Nürnberg auch wirklich spielen würde. Und in der Deutschen Eishockey-Liga ist das noch nicht einmal bei jungen Nationalspielern selbstverständlich. Zwei Jahre später zieht Leonhardt weiter nach Straubing - nachdem er sich hat zusichern lassen, dass er auch bei den niederbayerischen Tigers eine prominente Rolle spielen wird.

Als der Deutsche Eishockeybund an diesem Dienstagnachmittag jedoch bekanntgab, mit welchen Spielern Bundestrainer Harold Kreis in die letzte Vorbereitungsphase auf die Eishockey-WM in Tschechien startet, da fehlte der Name Leonhardt. Und auch sonst ist niemand dabei, der in der vergangenen DEL-Saison für die Ice Tigers aktiv war. Zuletzt musste Kreis Nürnbergs Kapitän Marcus Weber darüber informieren, dass er auch im Alter von 31 Jahren nicht zu seinem WM-Debüt kommen wird.

Ohne Leon Draisaitl - und ohne Daniel Schmölz

Auf Webers Instagram-Kanal konnte man sich zuletzt noch an Eindrücken aus den jüngsten Testspielen in Garmisch-Partenkirchen erfreuen. Deutschland gewann 4:2 gegen Österreich und unterlag Österreich mit 1:2 nach Penaltyschießen. Die Ergebnisse sind zweitrangig, erst am 10. Mai wird sich die Mannschaft des Vizeweltmeisters wieder an Zahlen messen lassen müssen. Dann geht es in Ostrava gegen die Slowakei - ohne einen Spieler, aus jenem DEL-Klub, der jungen deutschen Spielern in den vergangenen vier Spielzeiten mehr Eiszeit und Vertrauen übertrug als jeder andere.

Bundestrainer Harold Kreis und sein Team unterlagen Österreich nach Penaltyschießen.

Bundestrainer Harold Kreis und sein Team unterlagen Österreich nach Penaltyschießen. © Karl-Josef Hildenbrand/Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Dafür werden mit Nico Sturm (San Jose Sharks) und JJ Peterka (Buffalo Sabres) zwei NHL-Profis zur vierten Phase der WM-Vorbereitung in Wolfsburg und Weißwasser stoßen. Sturm und Peterka werden sicher auch mit nach Ostrava fahren, von den jetzigen Nationalstürmern aber wiederum nicht alle. Allein im Tor (Mathias Niederberger, Philipp Grubauer und Tobias Ancicka) dürfte sich Kreis bereits entschieden haben, mit zehn Verteidigern und fünfzehn Angreifern wird er nicht bei der WM antreten. Während in den europäischen Ligen die Meister gesucht werden und in der NHL die Playoffs beginnen, ist der Bundestrainer in den Vorbereitungsphasen vor allem damit beschäftigt, Spielern zu erklären, warum er sie bei der Weltmeisterschaft nicht braucht.

Denn das ist der Hauptgrund, warum nach zuletzt Daniel Schmölz 2021 erneut kein Nürnberger zu WM-Ehren kommen wird: die Konkurrenz. Auch ohne den in der NHL erfolgreichen und allein deshalb unabkömmlichen Superstar Leon Draisaitl, ohne Tim Stützle (Ottawa) und Moritz Seider (Detroit) kann Kreis aus einem großen Kreis an geeigneten Spielern auswählen. Auch das war nicht immer so.

Marcus Weber war Kapitän beim Deutschland Cup

Weber war immerhin bei drei Vorbereitungslehrgängen dabei, der Verteidiger ist verlässlich und vielseitig. Und genau das ist sein Problem. Weber ist in der DEL ein überdurchschnittlicher Skater, ein überdurchschnittlich physischer Abwehrspieler, sein Umschaltspiel ist ordentlich, in der Offensive hat er in den letzten Jahren an Ruhe gewonnen. Weber fehlt es aber an einer Spezialbegabung, die auch der Kölner Moritz Müller nicht mitbringt. Müller aber war zuletzt immer dabei, Silbermedaillengewinner und Vizeweltmeister. Weber war Kapitän beim Deutschland-Cup.

Niklas Treutle hatte Kreis zunächst ebenfalls eingeladen. Der Torhüter war im letzten Saisondrittel überragend - zuvor allerdings nicht. Der Bundestrainer hatte ihm von vorneherein offen und ehrlich gesagt, dass er in Tschechien auf andere Torhüter setzen werde. Tim Fleischer, der wie Leonhardt und der Deutsch-Finne Elis Hede nach Straubing wechselt, musste zur ersten Maßnahme erkrankt absagen. Der künftige Ingolstädter Daniel Schmölz, trotz einer schwächeren Saison Topscorer in Nürnberg, war kein Thema mehr.

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ist zu gut geworden. Das heißt aber nicht, dass in Zukunft nicht auch wieder Ice Tigers auf der Liste des Bundestrainers stehen werden. Roman Kechter hat sich zu einem Leistungsträger entwickelt und soll in der kommenden Saison noch mehr Verantwortung übernehmen. Julius Karrer war auch diesmal bei den ersten Testspielen dabei. Spielt Niklas Treutle in der kommenden Saison von Beginn an so überragend wie zuletzt, kann Kreis gar nicht auf den Nürnberger verzichten. Und dann ist da noch Thomas Heigl, dessen Wechsel aus München noch nicht offiziell ist, der sich die Ice Tigers aber ganz bewusst ausgesucht hat.

Die deutsche Auswahl

Tor: Ancicka, Grubauer, Niederberger; Verteidiger: Fohrler, Hüttl, Kälble, Müller Jonas, Müller Moritz, Sennhenn, Ugbekile, Wagner, Wissmann, Zimmermann; Angreifer: Eder, Ehl, Ehliz, Fischbuch, Kahun, Kastner, Michaelis, Peterka, Pföderl, Samanski, Schütz, Stachowiak, Strum, Tiffels, Tuomie.

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